„Wir wollen uns nicht von weltfremden Ideologen bevormunden lassen!“

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Ob Klimaschutz, Wärmepumpen, Verkehr, Integration oder gendergerechte Sprache – wenn bei kontroversen Themen die Argumente ausgehen, fällt schnell der Vorwurf „ideologisch“. Die Botschaft dabei lautet: „Wir sind die Vernünftigen, ihr seid die Verblendeten.“ Oder noch kürzer: „Ihr seid dogmatisch, wir handeln aus gesundem Menschenverstand.“

Doch diesen Vorwurf kann man auch als rhetorischen Trick sehen, um die gegnerische Position zu delegitimieren. Diejenigen, die anderen „Ideologie“ unterstellen, wollen sich sich selbst als „wir wissen es besser“ darstellen. Es entsteht der Eindruck, die eigene Position wäre alternativlos.

Auffällig ist: Oft bezeichnen konservative Politiker progressive Vorschläge als „ideologisch“ oder „weltfremd“, während sie ihre eigene Politik als nach „gesundem Menschenverstand“, „bürgernah“, und „realitätsbezogen“ darstellen. Übersetzt bedeutet das:
„Wir wollen nichts ändern – nicht einmal darüber nachdenken.“

Wenn sie zutreffen, handelt es sich in der Regel um ideologisches Denken:

Wenn jemand in der Politik sagt: „Das geht nicht – weil alternativlos“ => dann lohnt sich die Nachfrage

Verkehrswende

  • Erzählung: „Innenstadt beruhigen? Grüne Ideologie gegen Autofahrer!“
  • Vorgegebene Zwangsläufigkeit: „Die Leute sind auf das Auto angewiesen. Einzelhändler brauchen Parkplätze.“
  • Warum ideologisch? Weil das Auto als unverzichtbar dargestellt wird – obwohl andere Städte und Untersuchungen beweisen, dass es auch anders geht.

ÖPNV

  • Erzählung: „Busverkehr ist zu teuer, wir fahren nur warme Luft.“
  • Vorgegebene Zwangsläufigkeit: „Kein Geld. Nachfrage zu gering.“
  • Warum ideologisch? Weil ÖPNV als „Luxus“ verunglimpft wird. Autoverkehr und Ausgaben für Straßen aber als selbstverständlich.

Wohnungsbau

  • Erzählung: „Mietpreisregulierung? Das ist Sozialismus.“
  • Vorgegebene Zwangsläufigkeit: „Der Markt regelt das.“
  • Warum ideologisch? Weil der „Markt“ schon lange von „Spekulation“ beherrscht wird. Weil ohne Satzungen, Regeln und öffentliche Investitionen kaum mehr bezahlbare Wohnraum entsteht. Eingriffe in den „Markt“ sind möglich und historisch normal.

Sozialpolitik

  • Erzählung: „Wir müssen Sozialausgaben begrenzen, sonst ist der Haushalt bankrott.“
  • Vorgegebene Zwangsläufigkeit: „Ohne Einschränkungen, kein Geld für Investitionen in wirklich wichtige Felder die „echtes“ Wirtschaftswachstum fördern.“
  • Warum ideologisch? Weil „kein Geld“ meist eine Frage von Prioritäten ist – kein Naturgesetz.

Klimaschutz

  • Erzählung: „Ambitionierte Klimaziele? Können wir uns nicht leisten – außerdem sind Andere viel schlimmer.“
  • Vorgegebene Zwangsläufigkeit: „Hat eh keinen Zweck und überhaupt brauchen wir mehr Wachstum.“
  • Warum ideologisch? Weil Klimaschutz als Bedrohung für Wohlstand inszeniert wird – obwohl es um langfristige Entwicklungen geht, die zukünftige Generationen erheblich beeinflussen wird. Wer will, sucht Lösungen – wer nicht will, Gründe.

Wärmewende/Heizungsgesetz

  • Erzählung: „Wir brauchen Technologieoffenheit, keine dogmatischen Verbote.“
  • Vorgegebene Zwangsläufigkeit: „Die Bürger wollen keine Veränderung. Es ist zu teuer, zu aufwändig und geht bei den meisten Häusern eh nicht“.
  • Warum ideologisch? Weil eine nötige Transformation als „Bevormundung“ verunglimpft und eine sachliche Debatte so verhindert wird. Klimaschädliche Subventionen werden komplett ausgeblendet.

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